Zwangsarbeiter im Landkreis
Der Gendarmerieposten Buchbach über die polnischen Fremdarbeiter im Landkreis:

"Es handelt sich einfach um ein ganz verhetztes, teils tierisch veranlagtes, minderwertiges Volk"

  
Der 22-jährige polnische Fremdarbeiter Karol Kuck hatte seinen Arbeitgeber aus Lindach, einen Landwirt,  beschuldigt, ihn geschlagen zu haben. Die Polizei glaubte dem Fremdarbeiter nicht und erstattete gegen ihn Anzeige. Die Staatspolizei verfügte eine dreiwöchige Haftstrafe gegen Kuck "unter Einzug aller Vergünstigungen und bei stärkster Heranziehung zu Aufwartarbeiten". Der Mühldorfer Landrat verschärfte die Auflagen und wies das Amtsgerichtsgefängnis an, Kuck "möglichst bei Wasser und Brot" zu halten. Kuck verbüßte die Haftstrafe vom 2. bis 30. Dezember in Mühldorf.
  
Der 47-jährige Fremdarbeiter Albert Kempkowski war freiwillig nach Deutschland gekommen, bereute dies aber schon kurze Zeit später und "begann zu trinken". Sein Arbeitgeber, ein Metzger aus Mühldorf, führte ein polizeiliches Einschreiten herbei. Kempkowski wurde zu zehn Tagen Haft verurteilt.
  
Vier italienische Fremdarbeiter legten 1942 in Ampfing auf einer Baustelle der Firma Wayss & Freitag (Arbeiten für das Rüstungsprojekt im Mühldorfer Hart) die Arbeit nieder. Sie wurden von der Gestapo aus München abgeholt; über ihr weiteres Schicksal gibt es keine Erkenntnisse
  
Sieben Italiener legten im Oktober 1944 erneut die Arbeit auf einer Baustelle der Firma Wayss & Freytag" in Ampfing nieder. Wegen Aufwiegelung der deutschen Kollegen wurden die Italiener am 25.09.1944 von der Gestapo abgeholt. Auf der Baustelle wurde später ein Plakat angebracht, das ihre Erschießung bekanntgab.
  
Fremdarbeiter aus der Ukraine "vagabundisierten" 18 von ihnen wurden im Juli 1942 von der Ampfinger Gendarmerie festgenommen.
  
Fremdarbeiter hatten ihren Arbeitsplatz unerlaubt verlassen. Der Gendarmerie-Posten Ampfing griff  im Mai 1943 vier ukrainische Arbeiterinnen auf und führte sie wieder ihrem Arbeitsplatz zu. Ein ukrainischer Landarbeiter wurde wegen ungebührlichen Verhaltens dem Arbeitgeber gegenüber drei Tage bei Wasser und Brot in den hiesigen Gemeindearrest gesperrt.
  
Um ihre Entlassung zu erzwingen, verweigerten 30 italienische Fremdarbeiter, meist aus Sizilien, aus dem Wohnlager des DSC in Kraiburg die Arbeitsaufnahme, um in ihre Heimat zurückkehren zu können. Der Landrat von Mühldorf ließ die vier "Rädelsführer" über zwei Tage in verschärften Arrest nehmen.
  
1945 drohten in Aschau mehrere serbische Fremdarbeiter einer Lagerführerin "den Kopf abzuschneiden, sobald es mit dem Krieg schief geht". Es kam zu keiner Meldung bei der Gestapo.
  
Die 18-jährige Walja Winogradowa aus Kalinowa und die 19-jährige Nadja Ulitschewa aus Swos, beide Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine, schlugen 1943 im Ausländerlager Kraiburg zweimal Plakatzettel an, auf denen sie zur Arbeitsverweigerung bei der Deutschen Sprengchemie, zum bewaffneten Kampf gegen Hitler-Deutschland und zur Partisanenausbildung aufriefen. Beide wurden in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert, die Gestapo München stellte beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin "Antrag auf Sonderbehandlung" (in der Praxis bedeutete dies die Ermordung im KZ).
  
Maria Kolesnischenko, ebenfalls eine Ukrainerin, setzte die Aktionen von Winogradowa und Ulitschewa im Jahr 1943 im Kraiburger Ausländerlager fort. Sie wurde ebenfalls festgenommen.
  
Eine weitere Ukrainerin hatte sich im Ausländerlager Kraiburg mit geballter Faust ("Heil Moskau") fotografieren lassen. Sie wurde ebenfalls festgenommen.
  
Aus dem Bericht des Gendarmerie-Postens: "Am 30.05.1944 ist im Holzlager der Fabrik Aschau eine Meuterei ausgebrochen, bei der 40 Ostarbeiter einstimmig das Essen verweigerten. Unter Schreien und Gegröhl beschimpften sie das Essen, nannten es ein Fressen und verlangten Makkaroni und Fleisch. Nachdem sie die Essensausgeberin eine Hure genannt hatten, verließen sie geschlossen den Speisesaal, ohne etwas gegessen zu haben." Es wurde Anzeige an den Landrat erstattet.
  
Der 29-jährige Fremdarbeiter Franiczek Porula aus Radomsk, beschäftigt in Oberhöhenberg, hatte "widerspenstiges Benehmen" am Arbeitsplatz gezeigt. Er wurde auf sechs Monate in das Konzentrationslager Flossenbürg eingewiesen.
  
Der 19-jährige Fremdarbeiter Ludwig Swidzinski aus Dabrowa, beschäftigt bei einer Bäckerei in Mühldorf, hatte "widerspenstiges Benehmen" am Arbeitsplatz gezeigt. Er wurde auf "unbestimmte Zeit" in ein Konzentrationslager eingewiesen.
  
Im Tonwerk Pflügler in Rohrbach waren acht polnische Fremdarbeiter beschäftigt, die sich "auf vielfältige Weise ihren Pflichten entzogen" hatten. Der Eigentümer des Tonwerks beklagte sich hierüber schriftlich beim Landrat. Weitere Folgen sind nicht bekannt.
Ein 20-jähtiger polnischer Landarbeiter wurde auf einem Hof im Landkreis Mühldorf beim "Austausch von Zärtlichkeiten mit einer deutschen Schülerin" ertappt Er wurde vom Sondergericht München wegen eines Verbrechens gegen die Sittlichkeit unter Ausnutzung der Kriegsverhältnisse zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.
Dem Zwangsarbeiter Stefan Duda wurde der "intime Umgang mit einer deutschblütigen Frau" vorgeworfen. Er wurde im September 1941 in Taufkirchen von einem Mörderkommando der Geheimen Staatspolizei ermordet.
11 russische Zwangsarbeiter bei der DAG in Aschau wurden am 23. Juni 1941 ohne ersichtlichen Grund in Polizeihaft genommen.
Quelle:  
  • Anton Grossmann: Fremd- und Zwangsarbeiter in Bayern 1939 - 1945
  • Anton Grossmann: Polen und Sowjetrussen als Arbeiter in Bayern 1939 - 1945

 

Daneben existierten insbesondere in Verbindung mit den Rüstungswerken Aschau/Kraiburg und der Rüstungsanlage im Mühldorfer Hart zahlreiche Zwangsarbeiterlager im Bereich Mühldorf - Waldkraiburg

Näheres hierzu entnehmen Sie bitte der folgenden Veröffentlichung:

"Der Landkreis Mühldorf im Nationalsozialismus"