KZ - Lager und Friedhöfe

Das Waldlager bei Ampfing

Auch heute noch sind im Mühldorfer Hart die Reste eines ehemaligen Konzentrationslagers sichtbar, das "Waldlager V/VI". Das Gelände liegt südlich des Ampfinger Ortsteils "Holzgasse", angrenzend an eine große Kiesgrube und die frühere Erdgasförderstelle der "Mobil Oil".

Das Waldlager war dabei als Teil der "Außengruppe Mühldorf" ein Außenlager des KZ-Stammlagers in Dachau. Der Aufbau erfolgte im Juli 1944 von den ersten KZ -Häftlingen, die in den Landkreis Mühldorf kamen.

Seine erste Erwähnung findet das Waldlager in amtlichen Unterlagen vom 09.08.1944; die Befreiung erfolgte dann im 02.05.44.

Dieses Lager war dabei zunächst als reines Männerlager ausgelegt: ungefähr 2000 KZ-Häftlinge mußten bei der Errichtung der unterirdischen Flugzeugfabrik im Mühldorfer Hart mitwirken (Waldlager V). Später wurde das Waldlager erweitert (Waldlager VI), wobei jedoch beide Teillager immer als Gesamtheit "Waldlager V/VI" angesehen wurden

Das Frauenlager als Teil von Waldlager V/VI wurde erst 1944/45 aufgebaut, die erste Erwähnung stammt vom 13.01.45, die letzte vom 19.04.45. Die ca. 250 weiblichen Insassen wurden dabei zu Arbeiten bei verschiedenen Firmen und der OT-Oberbauleitung herangezogen.

Das Waldlager V/VI war zunächst als reines Sommerlager errichtet worden, im Herbst 1944 kam dann im östlichem Teil ein Winterlager hinzu.

Das Sommerlager bestand dabei aus äußerst primitiven sogenannten "Finnenzelten": 60 Zentimeter breite und zwei Meter hohe Hartfaserplatten wurden im Zwölfeck zusammengestellt und mit Latten genagelter Doppelpappe überdacht. Ein solches Finnenzelt hatte einen Durchmesser von fünf Metern und war dunkelgrün gestrichen. Diese Notbarracken sollten in der Regel als Unterkunft für jeweils 16 Personen dienen, mussten aber meistens 25 bis 35 Personen aufnehmen. Die Häftlinge schliefen dabei auf Stroh am Boden. In der Mitte des Giebels hing eine elektrische Lampe; ein natürlicher Lichteinfall erfolgte nur bei geöffneter Türe.

Da diese Lager im Winter nicht beheizbar waren, wurde später dann das Winterlager eingerichtet, welches aus sog. Erdhütten bestand, die beheizt werden konnten: In der Mitte ein Gang und ein Ofen, rechts und links etwas erhöht die Schlafflächen für die Häftlinge. Eine derartige Erdhütte bot Platz für etwa 20 Häftlinge.

Das Satteldach wurde unmittelbar über die Grundfläche der ausgehobenen Grube gesetzt und anschließend mit dem Erdaushub wieder bedeckt. Die beiden Schmalseiten wurden mit Brettern verschalt; an einer der Schmalseiten befand sich eine Türe.

Zwar sind diese Erdhütten heute nicht mehr erhalten, jedoch existieren noch zahlreiche der Erdgruben und vermitteln ein Bild der Anlage. Deutlich erkennbar sind trotz des heutigen Baumaufwuchses noch der tiefer gelegte Mittelgang und rechts und links davon die Schlafflächen.

 

Stacheldraht, mit dem das Waldlager umschlossen war

 - heute ausgestellt im Kreisheimatmuseum in Mühldorf -

Stacheldraht des Waldlagers und verschiedene Gebrauchsgegenstände, ausgegraben im Waldlager

 - heute ausgestellt im Kreisheimatmuseum in Mühldorf -

Insgesamt bestand das Waldlager aus einer Fläche von ungefähr 375 x 450 Metern und war durch zwei umlaufende Stacheldrahtreihen zu den umgebenden Forstwegen hin abgeschlossen. Der Stacheldraht reichte dabei bis in die Erde, um auch so Fluchtversuchen vorzubeugen. Der Zaun war nachts beleuchtet und wurde von der SS bewacht.

Das Waldlager umfasste etwa 2.250 Häftlinge, davon 2.000 Männer und 250 Frauen, die zumeist ungarischer, aber auch französischer, italienischer tschechischer und griechischer Herkunft waren. Auch deutsche Häftlinge befanden sich darunter. Zum größten Teil handelte es sich dabei um Juden, daher auch der Begriff  "Judenlager".

Einige der Häftlinge stammten beispielsweise aus dem Konzentrationslager Riga-Kaiserwald. Das KZ Riga wurde bereits im Sommer 1944 evakuiert, die überlebenden Männer zum KZ-Außenlager Mühldorf gebracht (Angaben lt. Gudrun Schwarz: Die nationalsozialistischen Lager).

 

Das Lager MI bei Mettenheim

Auch bei Mettenheim im heutigen Ortsteil Mettenheim-Hart existierte ein KZ. Dabei handelte es sich hier ebenfalls um ein Außenlager des Stammlagers in Dachau. Die erste amtliche Erwähnung geht zurück auf den 28.7.1944. Als Ausgangspunkt für das Mettenheimer KZ diente dabei das Bekleidungslager der Luftwaffe, das im Rahmen der Einrichtung des Flugplatzes entstanden war.

Die Belegstärke des KZ-Lagers belief sich auf ungefähr 2500 Häftlinge: Ca 2000 Männer und 500 Frauen. Das Lager befand sich direkt an der alten B12 (Hauptstraße durch Mettenheim-Hart), der Römerstraße und der Kiesgrube (heute Sportplatz). An der Nordseite verlief ein Eisenbahngleis, der sogenannte ,,Lagerbahnhof", der an das Flugfeld des Mettenheimer Flugplatzes angrenzte. Das Lager war von eines hohen Zaun umgeben und umfasste etwa 20 Holzbaracken auf Betonsockeln.

Die Kopie einer Luftaufnahme zeigt die Anlage des Lagers.

Oftmals wurden Häftlinge vom Waldlager in das Lager Mettenheim und umgekehrt überstellt.

In einer Baracke schliefen auf engsten Raum etwa 200 Personen. Daneben gab es Unterkünfte für die SS, sowie Funktionsräume für Küche, Wäscherei, Krankenabteilung und Werkstätten. Das Lager hatte den Namen Ml. Ebenso wie im Waldlager wurden auch hier die Häftlinge zu härtester Arbeit an der Baustelle im Mühldorfer Hart gezwungen. Ihre Vernichtung wurde bewusst einkalkuliert.

Lagerführer war Sebastian Eberl. Gemäß Zeugenaussagen galt er als besonders sadistisch und grausam und wurde daher ,,Genickschusskommissar" genannt.

Heute ist von dem ehemaligen KZ nichts mehr erhalten: Eine Neubausiedlung steht dort, wo einst KZ-Häftlinge zu leiden hatten.

 

Das Lager Mittergars

Das Lager Mittergars lag zwischen den Bahnhöfen Jettenbach und Mittergars, parallel der Bahnlinie von Mühldorf nach Rosenheim, ca. 18 Kilometer südwestlich von Mühldorf, im Wald am Fuße einer steilen Böschung.

Das Kommando Mittergars war als Männerlager ein Außenlager des Konzentrationslagers in Dachau und wurde im Oktober 1944 errichtet und dem Außenkommando Mühldorf unterstellt. Die 350 überwiegend jüdischen Häftlinge, größtenteils Ungarn, Polen, einige Litauer, sowie Franzosen, waren für die Organisation Todt (Oberbauleitung Mühldorf) zum Bau der Rüstungsanlage im Mühldorfer Hart im Arbeitseinsatz.

Das Lager bestand aus 33 Baracken, die etwa 1,80 Meter hoch, 3 Meter breit und sechs Meter lang waren. Die SS-Unterkünfte befanden sich außerhalb des Lagerzauns, jedoch in unmittelbarer Nähe zum Lager.

Das Lager bestand anfangs aus Zelten und später aus primitiven Holzbaracken und war ca. 150 Meter lang und 75 Meter breit. Das Lager hatte keine Brunnen; der benachbarte Bauer musste das Wasser anfahren. Das Gelände war mit einem doppelten Stacheldrahtzaun umschlossen, an der Straßenseite stand ein Wachturm.

Das Lager Mittergars war dabei als Todeslager berüchtigt. Aufgrund schrecklicher hygienischer Verhältnisse im Lager starben viele Häftlinge, u. a. am Fleckfieber. Neben "Vernichtung durch Arbeit" wurden auch viele Häftlinge durch direkte Gewalteinwirkung ermordet. Bereits um vier Uhr früh konnte man die Schreie der Häftlinge beim Morgenappell in der Umgebung deutlich hören. Im Winter mussten sie barfuss in Holzschuhen arbeiten .

Von Zeugen wurde berichtet, wie ein Häftling wegen Diebstahls über Nacht in den "Bunker" eingesperrt und mit Wasser gefoltert wurde und am nächsten Morgen tot war. Eine Liste der verstorbenen Häftlinge führt 42 Personen auf.

Einer dieser Häftlinge war aus dem Lager geflüchtet, von der SS gefasst worden und hatte dann im Gefängnis von Haag Selbstmord begangen. Es handelte sich dabei um den Häftling Ryba Wolf, polnischer Jude, geboren am 11.11.1911 in Warschau, Gefangenennummer 87309, eingeliefert in das Lager Mittergars am 23.11.44. Er wurde dann auf dem Friedhof in Haag beerdigt.

Kurz vor der Auflösung des Lagers flohen zwei weitere Häftlinge, wobei einer bereits auf der Flucht erschossen wurde. Der andere wurde die letzten sechs Wochen bis zum Eintreffen der Amerikaner in der Umgebung versteckt - unter größter Gefahr für die Beteiligten.

Die letzte schriftliche Erwähnung des Lagers stammt vom 23.04.45.

Die Toten wurden in einem Massengrab unmittelbar hinter dem Lager im Wald vergraben. Nach dem Krieg mussten ehemalige Nazis die Gräber öffnen und die Toten nach Lohen umbetten. Später wurde auch dieses Grab aufgelöst und die Opfer wurden in eine der größeren Grabstätten in Kraiburg, Mühldorf und Neumarkt St. Veit verlegt. Einige spärliche Reste des Konzentrationslagers sind auch heute noch erhalten.

Hier finden Sie weiterführende Hinweise zum KZ-Lager Mittergars 

Lageplan des Lagers Mittergars Fotosammlung des Lagers Mittergars
Übersichtsplan über das Lager Mittergars Zeugenaussage zum Lager Mittergars
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Die Mittergarser Totenliste

 

Das Lager Thalham

In dem kleinen Weiler Thalham, gelegen an der Bahnstrecke zwischen Ampfing und Schwindegg, in der Gemeinde Obertaufkirchen, befand sich seinerzeit ein KZ - Unterkommando des Außenkommandos Mühldorf. 

Es befand sich am Ortseingang auf einer Wiese neben der Bahnlinie. Weitere Anlagen befanden sich im Ort selbst rechter Hand der Dorfstraße.

Das Lager, genannt Judenlager, bestand aus 22 Hütten, die in drei Reihen zu jeweils sieben Baracken angeordnet waren. In der letzten Reihe befand sich eine einzelne Hütte.

Eingerichtet wurde das Lager bereits im Juni oder Juli 1944 von italienischen Arbeitern. Ende Januar 1945 kamen dann die ersten Häftlinge, in der Regel französische, italienische und deutsche Gefangene. Während diese noch Zivilkleidung trugen, kamen zu Beginn des Monats April 1945 ungefähr 120 jüdische Häftlinge aus dem Lager Mettenheim, die allesamt die gestreiften Häftlingsuniformen trugen. In amtlichen Unterlagen wird das Lager erstmals am 31.01.1945 erwähnt, letztmals im April 1945. 

Das Lager war ein reines Männerlager; ca. 200 Personen waren dort wohl interniert und hatten für die OT-Oberbauleitung Zwangsarbeit zu leisten - zum einem im nahegelegenen Steinbruch, zum anderen beim Aufbau neuer Baracken. Auch hier waren die Arbeitsbedingungen sehr hart, die Arbeitszeit betrug über zehn Stunden, nur jeden vierten Sonntag musste nicht gearbeitet werden. Ausschreitungen gegenüber den Häftlingen waren auch hier an der Tagesordnung. Das KZ-Lager wurde von der SS bewacht.

Das Ende des Lagers gestaltete sich so, dass die jüdischen KZ-Häftlinge am 24. April 1945 wieder in das Lager Mettenheim zurückgebracht wurden, während die italienischen und die anderen Gefangenen um den 28. April entkommen konnten.

Nur noch sehr wenige Überreste des Lagers sind heute erkennbar.

 

Weitere Lager

Weiterführende Hinweise zu den genannten und übrigen Lagern, insbesondere auch den Zwangsabeiterlagern, erhalten Sie in der Veröffentlichung "Der Landkreis Mühldorf im Nationalsozialismus"