Der Weg ins Konzentrationslager

Mein Weg nach Deutschland ins KZ

Ein Bericht von Maria T. über ihren Weg aus Ungarn in die Dachauer KZ-Außenlager

Ähnlich oder nahezu identisch dürfte sich auch der Weg für die meisten Frauen in das Waldlager bei Ampfing dargestellt haben.

Der Bericht stellt dabei eine gewisse Rarität dar, da zwar einige Berichte männlicher Häftlinge überliefert sind, insbesondere Zeugenaussagen aus den sich anschließenden Prozessen nach 1945, jedoch hier kaum die Aussagen weiblicher Häftlinge dokumentiert sind.

(Orthographische Besonderheiten des Berichts wurden übernommen und nicht korrigiert.)

Am 5. April 1944 mussten sämtliche Juden Ungarns, den Davidstern tragen. Es ist zu keinen Ausschreitungen und Judenpogromen gekommen, sondern umgekehrt in vielen Fällen bewies uns die Bevölkerung ihre Anteilnahme. Im Juni durften Juden nur noch in Judenhörigen Häusern wohnen, zugleich wurde die Ausgehzeit beschränkt und die Straßenbahn durfte nur im Anhänger befahren werden.

Als das Kriegsgeschehen sich den Grenzen Ungarns näherte, übernahmen die ungarischen   Pfeilkreuzler die Staatsmacht. Sie führten nicht nur Arbeitsdienst und Zwang ein, sondern erweiterten auch diese Maßnahmen auf uns Juden. Am 20.10. wurden alle männlichen Juden vom  14. Lebensjahr bis ins hohe Greisenalter verhaftet und verschleppt.  Am 25.10.  kam das Gesetz, dass sich alle jüdischen Frauen vom 16. bis zum 40. Lebensjahr zwecks Arbeitseinsatz zu melden haben.

Frauen, die Kinder bis zu 1 Jahr hatten wurden zurückgeschickt. Wir andere müssten Beköstigung für 5 Tage, Bekleidung und Decken mitbringen. Wir wurden immer zu 250 Frauen als Trupps zusammengestellt, und nach Isaszeg (Szent Gyorgy Puszta) in marsch gesetzt. Es sind auf dieser Art Abertausende von jüdischen Frauen in die Puszta verschleppt. Wir haben 5 Tage marschiert, wurden dann eingesetzt für Schanzarbeiten. Wir wurden von der ungarischen SS übernommen. Von ihnen wurden mehrere Frauen erschossen wegen Arbeitsschwäche und Arbeitsverweigerung, sie wurden gezwungen sich selbst ihr Grab zu graben. Wir haben die Schanzarbeiten 9 Tage verrichtet.

Da die Russen immer näher heranrückten, war die SS gezwungen uns abzutransportieren. Wehrend die Wehrmacht verlangte uns nach Budapest zu schicken machte das ungarische SS das Verbrechen, uns zu verschleppen, um sich selbst vor der Front zu drücken. Wir wurden in der nacht um 1/2 1 bis morgen 8 Uhr im Gewaltmarsch nach Gödöllö geführt. Wir lagen an einem schönen Novembertag auf der Strasse. Wir wurden streng bewacht, keiner konnte weg.

Von Abends  18 Uhr bis morgens 1 Uhr wurden wir wieder in Marsch gesetzt. Mit einer Ruhepause ging es um 4 Uhr weiter und kamen um 8 Uhr in Neupest an. Mit vollständig zerschundenen Füßen bat man uns stundenlang kreuz und Quer durch die Stadt geführt. Nach 2 Stunden Mittagspause wurden wir weiter geführt auf die rechte Uferseite der Donau. Unser Transport war cca, 1000 Frauen stark, als wir in Altofen am 7.11. einmarschierten. Hier übernachteten wir in einer alten Ziegelei, die wir morgens am 7 Uhr zum Weitermarsch verließen.

Ab Altofen wurde unser Transport mit Männer gemischt und auf 2000 erhöht. Von da ab an wissen wir, dass wir unsere Heimat verlassen müssen, wir werden von den Bestien verschleppt. Es zeigte sich, dass die Worte des Szalasi gröbste Lüge war, den er hatte uns Juden versprochen, dass keiner bis zum Kriegsende aus der Heimat verschleppt werde.

Von Altofen wurde uns eine tägliche Marschleistung von 58 bis 45 Kilometer gesetzt. Unser Ziel war Mosonmagyarovar, das wir in 7 Tagen erreicht. Die Tagesleistung musste eingehalten werden, gleichgültig die Zeit, die wir gebrauchten, ohne Rücksichtnahme auf Krankheit und Alter. Durch diese rücksichtslosen Gewalt Märsche hatten wir 20 Prozent Verlust an Menschen. Wir konnten keine Quartiere beziehen, mussten in Straßengraben, Marktplätzen unsere Ruhepausen und Nächte verbringen, für uns alle war die Übernachtung in einen Schweinestall, einmal direkt Erholung und ein frohes Wärmegefühl.

Die Anteilnahme der ungarischen Bauern für uns zeigte sich in mehrere Fällen, am Abstoßesten benahmen sich die schwäbischen Bauern. In Mosonmagyarovar, waren wir in einer ausgebombten Fabrik einquartiert, unsere Lage war eine Verzweifelte, wir hatten keine Ärztliche Betreuung, wir durften unsere Schuhe nicht von den geschwollenen und zerschundenen Füße tun, da wir sie nicht wieder anziehen konnten.

Die wenigsten hatten Wäsche zu wechseln, es war keine Möglichkeit der Selbstreinigung gegeben. Täglich kamen Zugänge, und Abtransporte von 2000 Menschen. Meine Freundin Eva Torcsanyi Dr. und ich waren sehr krank, und hatten so das Glück 3 Tage dort festgehalten zu werden, und kamen nicht mit den anderen nach Ravensbrück-KZ.

Eva und ich kamen am 17.11. mit einen Transport von 2000 Menschen nach der österreichische Grenze Hegyeshalom. Von dort sind wir weiter zufuß, durch die Orte Nickelsdorf, und Zurndorf, geführt, wo uns deutsche SS übernahm. Wir wurden in Eisenbahnwaggons verfrachtet. In jeden Wagen kamen 60 bis 70 Personen, die Gesamtstärke war 2000 Menschen.

Für den Transport, der von 18 bis zum 20. dauerte bekamen wir 1 lt. Grützesuppe, 1500 gr. Brot,  250 gr. Margarine und 250 gr. Weichkäse. Am 20. morgens standen wir vor dem Lager KAUFER1NG bei LANDSBERG, einem Tochterlager von Dachau.

Wir mussten den ganzen Tag vor den Lager stehen, und wurden systematisch unserer Kleidung und Wertsachen Beraubt. Zu essen bekamen wir nichts, Abends kamen wir zu 60 Personen in Erdhütten. Wir kamen nur im Stroh, ohne Decken, ohne jegliche Haushaltsgegenstände. Die ersten 3 Tage waren wir ohne Arbeit.

Das Essen reichte gerade zum Leben, da nicht genügend Essschalen zur Verfügung standen, waren wir gezwungen, mit einander aus ungewaschenen Schalen zu essen. Unsere Bekleidung bestand aus den notdürftigsten Stücken, denn durch das weitere Suchen nach Bekleidungsstücken verloren wir schließlich alles.

Nach drei Tagen wurden die meisten des Transportes in Arbeitsprozess eingereicht. Die Arbeit war Stollenbau, für unterirdischen Fabriken. Wir mussten Steine schleppen. Sandkarren, Schienen tragen, und sämtliche Arbeiten verrichten, die zum Fabrikbau gehörten. Eva und ich wurden als Revierpersonal eingesetzt. Ich behielt diese Position bis zum 12.12. und musste dann auch mit hinaus zum Fabrikbau, da der Menschverbrauch so gewaltig stieg, dass man nicht gesunde Arbeitskraft genug heranführen konnte.  

Ich selbst habe mich schlecht und recht durch den Arbeitsprozess geschlagen. Das Weihnachtsfest war für Mehrheit der Gefangenen eine traurige Angelegenheit. Ende Januar brach dazu noch das Flecktyphus im Lager aus. Der Hunger wurde durch die weitere Lebensmittel Rationierung zum ständigen Gast. Typhus und Hunger rafften unter den männlichen Häftlingen stark auf. Es gab viele Tote. Auch in unserem Lager herrschte die Prügelstrafe. lch war tief empört über die Kulturschande der SS, begriff aber nicht die Ursache meiner Gefangenschaft.

Dazu kam, dass ich keine Jüdin war, sondern noch tiefgläubige Katholikin. Mir haben diese Gegensätze stark zum Denken angeregt.

 

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